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Normale Version: Unter 18 Jahren bei Tipico
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Hallo,

ich brauche euren juristischen Rat.

Mein kleiner Bruder hat sich, kurz nachdem er 16 Jahre alt wurde, bei Tipico.com einen Account angelegt. Da Tipico erst ab 18 Jahre ist, hat er ein falsches Geburtsdatum angegeben. Und seitdem hat er regelmässig grosse Beträge eingezahlt und damit auch getippt. Das Geld hat er von Familienmitgliedern heimlich entwendet und sich einen Betrag von Freunden ausgeliehen. Zurzeit ist er 17 Jahre alt.

Momentan ist er 1600€ im Minus. Das Geld hat er seinen Freunden immer noch nicht zurückgegeben und diese setzen ihn nun unter Druck.

Wäre es möglich, von Tipico das verzockte Geld zurückzuverlangen, weil er noch keine 18 ist, aber trotzdem gewettet hat?

Gruss
Nome
Warum sollte Tipico das Geld zurückzahlen !

Dein Bruder ist doch der Betrüger und Lügner und nicht die anderen .

Guten Rutsch
Damals als ich mal in nem Onlinegame über die Telefonrechnung für 150€ eingekauft habe haben wir es nicht erstattet bekommen. Stattdessen haben die einfach nur meinen Account gesperrt.
Es wurde zwar mit Tipico ein Spielvertrag geschlossen, wegen seiner Minderjährigkeit ist dieser Vertrag jedoch schwebend unwirksam. Denn als Minderjähriger ist man nur beschränkt geschäftsfähig nach § 106 BGB. Der Vertrag war auch nicht lediglich rechtlich vorteilhaft und wurde auch nicht mit seinem Taschengeld im Sinne von § 110 BGB bewirkt. Die Wirksamkeit des Vertrages hängt dann von der Genehmigung der Eltern ab. Diese werden natürlich keine Genehmigung erteilen. In der Folge ist kein wirksamer Vertrag zustande gekommen. Tipico hatte daher keinen Anspruch darauf den Geldeinsatz einzuziehen von ihm.

Ihm steht daher ein Anspruch aus § 812 BGB auf Rückzahlung des eingezahlten Betrages zu. Dieser kann mitunter noch höher sein, als der aktuelle Minusbetrag. Es geht um den Betrag, der tatsächlich eingezahlt worden ist, also nicht das aktuell noch vorhandene Guthaben.

Da Tipico jedoch über das Alter getäuscht worden ist, steht denen grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch zu aus §§ 812, 823 BGB. Dieser Anspruch führt bei Online-Casinos/Wettanbietern jedoch regelmäßig ins Leere. Denn der entstandene Schaden ist nicht die Höhe des Verlustes. Da Tipico diese Wetten selber annimmt und nicht bei anderen Anbietern platziert, ist ihnen kein Schaden in Höhe des Einsatzes entstanden. Der Schaden bestünde allenfalls in Höhe der verursachten Spielkosten (Server etc.). Diese dürften aber gegen Null tendieren bzw. nicht feststellbar sein. In der Konsequenz führt dies dazu, dass Tipico das Geld zurück zahlen muss.

Etwas anderes gilt auch nicht, weil Tipico seinen Sitz auf Malta hat und nach den AGB maltesisches Recht zur Anwendung kommt. Zum einem gilt dies nicht für zwingende Verbaucherschutzvorschriften (wie hier die Minderjährigkeit), zum anderen ist auch nach maltesischem Recht ein Vertragsschluss mit Minderjährigen unwirksam. Habe mal ein wenig geforscht und die Regelung in Art. 967 Abs. III lit. a) des maltesischen code civil gefunden.

Die Anbieter versuchen oft damit zu drohen, eine Anzeige wegen Betruges nach § 263 StGB zu erstatten. Zwar liegt auch eine Täuschungshandlung vor, indem man ein falsches Alter angibt, jedoch mangelt es hier am Vermögensschaden. Denn dafür müsste man nachweisen, dass man von Anfang an es darauf abgesehen hat als Minderjähriger zu spielen, um im Verlustfall wegen der Unwirksamkeit des Vertrages nicht zahlen zu müssen (sogenannter Eingehungsbetrug) und im Gewinnfall die Eltern den Vertrag nachträglich genehmigen zu lassen. Das dürfte in der Regel nicht zu beweisen sein. Eine Strafbarkeit scheidet daher aus. Allerdings kann ich dir direkt sagen, dass nicht jeder Staatsanwalt in Ermangelung von Sachkenntnissen diese Besonderheit kennt und wohl einige trotzdem Anklage erheben. Dann landet es vor Gericht und man wird freigesprochen. Letztendlich folgenlos, aber natürlich bedeutet das trotzdem Unannehmlichkeiten.
Was soll ich nun tun? Soll ich Tipico eine E-Mail mit der Bankverbindung schicken?
Etwas off Topic:
Ich find es echt beachtlich wie ausführlich und wie viel Mühe sich der Administrator hier gibt , seine Mitgliedern zu helfen. Es ist ja nicht nur in diesem Thread so sondern in allen anderen Thread zum Thema "Recht"

Wirklich Hut ab Dass du viel Mühe in dieser Rubrik steckst
Wie sollte ich nun weiter vorgehen ?
Geh zum nem Rechtsanwalt, der kümmert sich schonmal um die Formalitäten. Ihr werdet es auch euren Eltern sagen müssen... Big Grin Wird, wie Alex schon gesagt hat, nicht angenehm, aber ihr bekommt das Geld zurück.

Bisschen Moralapostel: jetzt dürfen alle mal raten, wieso sowas ab 18 ist...

Nome :
Wie sollte ich nun weiter vorgehen ?


Bevor du zum Anwalt gehst und damit garantierte Kosten verursacht werden, würde ich Tipico erstmal selbst unter Schilderung der Rechtslage auffordern den Betrag zurück zu zahlen. Dafür kannst du im Wesentlichen ja meine Ausführungen kopieren/umformulieren.

Wichtig ist, dass du darin eine Frist (z.B. 14 Tage) setzt mit einer Formulierung wie dieser:
Sollten Sie meiner Aufforderung zur Rückzahlung des eingezahlten Betrages nicht bis zum - Datum - nachkommen, werde ich meine Forderung gerichtlich durchsetzen.

Kommt es nämlich später zur Klage und die Frist zur Rückzahlung ist verstrichen, kannst du zusätzlich die Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten fordern. Du musst jedoch nicht zum Anwalt gehen, wenn die nicht zahlen. Bei einem Streitwert bis 5.000 EUR ist die Zuständigkeit des Amtsgerichts begründet und du bist auch ohne Anwalt selbst postulationsfähig. Zu empfehlen ist es dennoch, wenn man sich nicht in der Lage sieht, die Klageschrift selbst zu fertigen.

Wenn du hingegen rechtsschutzversichert bist und deine Police dies deckt, kannst du die Sache natürlich auch direkt an den Anwalt abgeben. Wenn wir die 1.600 EUR mal als Streitwert nehmen, dann liegen die Anwaltskosten bereits garantiert bei 255 EUR, wenn der Anwalt wie die meisten nach RVG abrechnet.

Sollte er nicht auch direkt Kontodaten für die Rücküberweisung in seiner Schilderung und Forderung angeben? Dann wäre es MMn komplett.

alinho :
Sollte er nicht auch direkt Kontodaten für die Rücküberweisung in seiner Schilderung und Forderung angeben? Dann wäre es MMn komplett.


Klar, die kann er natürlich auch direkt angeben

Zitat:
Wir möchten Sie informieren, dass wir Ihnen keine Informationen zu einem Wettkonto senden können wenn Sie nicht
der rechtmässige Inhaber sind, und uns von der im Wettkonto hinterlegten Adresse kontaktieren.

Wir können Ihnen jedoch fest zusagen, dass das Wettkonto bereits verifiziert ist und und der Inhaber des Wettkontos daher volljährig ist.
Eine Rückzahlung können wir daher nicht anbieten.


Das hat mir Tipico geantwortet. Allerdings habe ich von meiner Email-Adresse geschrieben. Die nächste Email werde ich von der Email-Adresse, unter der der Tipico-Account angemeldet wurde, schreiben.

Mein Bruder hat sich unter einem falschen Geburtsdatum, aber unter seinem richtigen Namen und Geschlecht angemeldet. Im März 2016 hat er seine erste und einzige Auszahlung angefordert. Er hat die Bankverbindung seines Kontos hinterlegt. Paar Tage später hatte er 32€ von Tipico auf dem Konto. Ende Mai hat er Tipico eine Email geschrieben, wegen einer Wette, die er widerrufen wollte. Diese wollten nach dieser Email eine Verifizierung haben. Da hat er einfach ein Bild des Ausweises unserer damals 18 jährigen Schwester geschickt und Tipico hat das angenommen. Nach der Verifizierung hat Tipico den damals von meinem Bruder hinterlegten Namen zu den Namen unserer Schwester umgeändert. Aber das Geschlecht nicht. Dieses ist bis heute noch "männlich".

Tipico sollte schon damals auffallen, dass der hinterlegte Name und der Name des Bankkontoinhabers nicht der selbe ist, wie bei der Verifizierung. Ist denen aber leider nicht aufgefallen.

Was soll ich nun tun?

Ich bedanke mich im Voraus.

Wie soll ich nun vorgehen ?
Tut mir leid wenn das jetzt eine etwas off topic Anwort ist, aber von dem was ich hier nach und nach gelesen habe würde ich wenn ich du wäre deinem Bruder eher helfen in dem ich ihm einen Job besorge und ihn das Geld wieder erarbeiten lasse bei der ganzen Scheiße die er gemacht hat (natürlich auch das Konto schließen lassen).

1600€ hört sich zwar viel an, aber ich habe genug Freunde die im Monat mit nem Nebenjob >=200€ machen, ich selbst hatte immer ca.~160€. Wenn du Geburtstag / Weihnachten mit einrechnest sind das effektiv vielleicht 6 - 8 Monate.

So oder so wüsstest du ja nicht ob dein Bruder einfach ein neues Konto eröffnet und wieder den selben Mist macht, von daher denke ich er sollte das ganze als Lehrgeld ansehen und vielleicht lernt er ja etwas über Verantwortungsbewusstsein mit Geld. Hatte auch mal so ein paar Monate wo ich immer mein Taschengeld damals komplett "rausgeworfen" habe, hatte zwar niemals Schulden etc. aber nachdem ich einen Nebenjob angenommen habe hat mir das sehr geholfen.
Der Sachverhalt stellt sich nun etwas anders dar, sodass sich auch die Rechtslage ändert:

Grundsätzlich erfüllt das Vorlegen eines anderen Ausweises zur Täuschung im Rechtsverkehr den Straftatbestand des Missbrauchs von Ausweispapieren nach § 281 StGB. Dein Bruder hat hierbei aber Glück, denn nach Auffassung des BGH ist die Vorlage einer Kopie des Ausweises nicht ausreichend. Ich persönlich halte diese Ansicht angesichts der modernen Zeit für fragwürdig, in der immer mehr Kopien verwendet werden zur Identitätsfeststellung.

Eine Urkundenfälschung nach § 267 StGB scheidet aus, dafür müsste eine täuschend echte Kopie hergestellt worden sein, was bei einer elektronisch übermittelten Kopie schon per se nicht möglich ist, da es sich bereits rein technisch bei der Bilddatei nicht um das Original handeln kann. Anders ist dies etwa, wenn man eine täuschend echt aussehende Fotokopie ausdruckt und diese verwendet.

Bleibt einzig und allein der Betrug nach § 263 StGB. Falls die Ausweise vom System bei Tipico automatisch erfasst werden und somit kein Mensch getäuscht wurde, greift jedoch immer noch der Computerbetrug nach § 263a StGB. Dazu hatte ich dir ja bereits vorher geschrieben, dass dieser Tatbestand regelmäßig ausscheidet. Nun muss man aber aufpassen. Wenn nach Vorlage des fremden Ausweises noch eine Auszahlung von Tipico erfolgt ist, hat eine Vermögensverfügung aufgrund der Täuschung stattgefunden. Der Vermögensschaden scheitert auch nicht daran, dass Tipico wegen der Minderjährigkeit einen Anspruch auf Rückzahlung des Geldes hat. Nach der Rechtsprechung reicht die die verschlechterte Rechtsposition (Klage erforderlich) bereits aus für die Annahme. Denn hätte er sich des Betruges strafbar gemacht. Doch auch ohne die danach liegende Auszahlung käme unter Umständen bereits ein Betrug durch die vorausgehende Auszahlung in Betracht. Hierbei wäre aber zu berücksichtigen, dass Tipico vorher keine Verifizierung der Identität eingefordert hatte. Dies wäre daher sicherlich ein Fall wo man noch über eine Einstellung des Verfahrens nach § 45 JGG i.V.m. § 153 StPO nachdenken kann.

Zivilrechtlich ändert sich an der Sache jedoch nichts. Es bleibt ein mangels Genehmigung der Eltern unwirksamer Vertrag. Allerdings kann von Tipico hier der vorläufige Vertragsschluss nachgewiesen werden. Für die rechtsvernichtende Tatsache (hier die Minderjährigkeit) trägt jedoch dein Bruder die Beweislast. Tipico durfte hier annehmen, dass tatsächlich eure Schwester gespielt hat. Das dem nicht so war, müsst ihr beweisen vor Gericht, z.B. durch Zeugenaussagen. Angesichts der Summe kann ich dir mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass Tipico das nicht freiwillig zurückzahlt, sondern es auf einen Prozess ankommen lassen wird. Sämtliche erfolgte Auszahlungen sind dann auch von ihm zurück zu gewähren.

Wenn er Klage erhebt auf Rückzahlung der Gebühren, kann sich Tipico geschickterweise so verhalten, dass sie ein sofortiges Anerkenntnis erklären und gleichzeitig Widerklage auf Rückzahlung der bereits ausgezahlten Beträge erheben. Dann trägt er die kompletten Kosten des Rechtsstreits. Um diese Folge des § 93 ZPO zu vermeiden, sollte Tipico zunächst außergerichtlich aufgefordert werden zurück zu zahlen. Da das Verhalten jedoch strafrechtliche Relevanz hat, muss er selbst abwägen, ob er lieber auf das Geld verzichtet oder dieses zurückbekommt, aber eine Verurteilung wegen Betruges riskiert.

Unabhängig von der rechtlichen Sicht ist meine moralische Auffassung, dass er es zahlen sollte, da er in seinem Alter sicherlich die nötige Reife hat und ganz genau wusste was er da macht.
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