In letzter Zeit liest man immer häufiger Nachrichten über Rechtsstreite, Klagen und Prozesse, in die verschiedene Spieleentwickler und -publisher verwickelt sind, sowohl als Kläger als auch als Angeklagter. In diesem Artikel werde ich euch einige aktuelle Fälle vorstellen und erläutern.
Black Ops 2 in der falschen Zeit
Bekanntermaßen soll der neue Call of Duty-Ableger, Black Ops 2, im Jahr 2025 spielen. Entwickelt wird das Spiel von Treyarch, dem Studio, welches schon für den ersten Teil verantwortlich war. Dieses Zukunfts-Setting passt einem weiteren Studio, das fast alle Call of Duty-Spiele entwickelt hat, darunter Modern Warfare 3, gar nicht. Infinity Ward hat nämlich ein Abkommen mit Publisher Activision, das ihnen die Rechte an allen Call of Duty-Spielen gewährt, deren Handlung nach der Ära des Vietnam-Kriegs spielt. Dass das Setting von Black Ops 2 in diesen Zeitraum fällt, hat Infinity Ward als Verletzung des bewussten Abkommens wahrgenommen.
Mit einer Klage wäre es theoretisch möglich, dass die Entwicklung komplett ein- oder umgestellt werden muss. Jedoch hätten beide Seiten nichts davon, daher wäre es am wahrscheinlichsten, dass Infinity Ward eine Entschädigung oder Gewinnbeteiligung erhält.
Diese Konflikt ist natürlich besonders Pressewirksam, denn die Erwartungen an Black Ops 2 sind groß (wir berichteten). In so einem Fall wird das Thema häufig nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Es wird sogar spekuliert, dass es sich nur um eine neue Marketing-Strategie handelt, was häufig tatsächlich die Intention eines solchen Rechtsstreits ist.
Animus von Roman gestohlen?
Eine große Rolle im Assassin's Creed-Universum spielt der sogenannte Animus, der es dem Protagonisten ermöglicht, die Leben seiner Vorfahren zu verfolgen. Man sollte nicht denken, dass dies ein Grund für eine gepfefferte Klage ist – geltende Patente wird der Apparat wohl kaum verletzen. Der Buchautor John Beiswenger ist sich jedoch sicher: In Ermangelung eigener Ideen habe Ubisoft das Konzept des Animus aus seinem Roman „Link“ gestohlen. Tatsächlich spielt darin eine Apparatur eine zentrale Rolle, die es den Protagonisten gestattet, die Erinnerungen ihrer Vorfahren zu erleben – ähnlich wie der Animus.
Sollte dies auch als Marketing-Strategie geplant gewesen sein, um das Buch bekannt zu machen, so ging dies deutlich daneben. Den erzürnten Assassin's Creed-Fans ist es offenbar egal, ob die Idee nun geklaut ist oder nicht, manche sehen auch schlicht keine Verbindung zwischen Roman und Spiel. Infolge dessen hat das Buch viele schlechte Bewertungen erhalten, beispielsweise bei Amazon.
Nichtsdestotrotz könnte es durchaus teuer für Ubisoft werden, falls Beiswenger Recht erhält, kann er sich auf einen saftige Schadenersatz freuen. Der vermeintliche Ideenklau scheint ihn besonders schwer getroffen zu haben, denn er klagt auf eine Summe von 5,5 Millionen Dollar.
Call of Duty: Modern Justice?
Doch zurück zu Call of Duty. Um den Shooter-Spaß für die ganze Familie ranken sich mehrere Konflikte (z.B. eine gewisse „anstößige Szene“, die von mehreren Seiten angeprangert wurde). Nicht nur die Entwickler streiten sich um Lizenzfragen, auch der Publisher Activision lag lange Zeit im Clinch mit Electronic Arts. Der Vorwurf: Der Konkurrent habe versucht, Infinity Ward zu schädigen, indem es dem Studio zwei seiner Entwickler abwerben wollte. Mittlerweile haben die beiden Publisher den Disput außergerichtlich beigelegt, die Form der Einigung ist nicht bekannt.
Die beiden Entwickler, Jason West und Vince Zampella, haben inzwischen ein eigenes Studio namens Respawn gegründet. Außerdem sind sie ihrerseits gegen Activision vor Gericht gezogen, weil das Unternehmen ihnen noch Geld schulde, das ihnen aus den Tantiemen von Modern Warfare 2 zustehe. Zudem habe es versucht, ihre E-Mail Accounts zu hacken, um an Informationen zu kommen, die ihnen in dem Rechtsstreit nützen könnten.
Activision hat es schwer, denn der Publisher wurde sogar noch von dem Entwicklerstudio Novalogic vergeklagt. Von diesem stammt die Delta Force-Reihe, deren Logo durch ein Patent geschützt ist. Dieses Patent habe Activision in Modern Warfare 3 unerlaubt verwendet (Vergleich siehe oben). Nach eigenen Angaben habe Novalogic dadurch mehrere Millionen Dollar verloren. Hier kann man sich durchaus fragen, ob eine solche Summe wirklich durch die Nutzung eines Logos entstanden sein kann, das durch ein Patent aus dem Jahr 1998 geschützt ist. Oder geht es dem Entwickler in diesem Fall tatsächlich nur „um's Prinzip“?
Battlefield 3 und Origin
Nachdem wir nun so viel über CoD erfahren haben, schauen wir uns mal den direkten Konkurrenten an: Battlefield. Die meisten werden mitgekriegt haben, dass Electronic Arts sich mit den Nutzungsbedingungen zu Battlefield 3 und Origin (EA's Online-Dienst für Spiele, vergleichbar mit Steam) keine Freunde gemacht hat. Diese beinhalteten Klauseln, die EA Zugriff auf einige persönliche Daten gewährte, was von vielen als quasi verfassungswidrige Spionage aufgefasst wurde. Auch war man gezwungen, Origin zu installieren und ein Benutzerkonto zu erstellen, selbst wenn man Battlefield 3 im Laden gekauft hatte. Zudem war und ist es erforderlich, beim Spielen ständig mit dem Dienst verbunden zu sein, selbst im Einzelspielermodus.
Schnell folgte eine Abmahnung der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), die EA vorschrieb, diese Bedingungen müssten schon auf der Verpackung deutlich gemacht werden. Auch sollten die AGB's (Allgemeine Nutzungsbedingungen) dem Käufer auf "zumutbare Weise" dargelegt werden. Vor kurzem hat der Publisher nun eine Unterlassungserklärung unterzeichnet, mit der er sich verpflichtet, diese Regelungen auch bei zukünftigen Spielen einzuhalten.
The Elder Scrolls™
Vor einiger Zeit ließ ZeniMax den aus The Elder Scrolls V: Skyrim bekannten Ruf Fus Ro Dah als Marke eintragen (wir berichteten). Dass der Publisher sehr penibel auf die Einhaltung seines Urheberrechts achtet, beweisen zwei aktuelle Beispiele:
iPhone-Besitzer können sich zum besseren Verständnis von Himmelsrand die Dragon Shout App im App-Store herunterladen, die ein großes Verzeichnis an Informationen zum Spiel enthält sowie ein soziales Add-on, mit dem man seine Erfolge im Spiel mit anderen teilen kann. Dabei hat der Entwickler der App nach eigener Aussage darauf geachtet, nicht in Konflikt mit dem Urheberrecht zu geraten – leider hat dies nicht geklappt. Aus nicht ganz ersichtlichen Gründen hat er nämlich eine offizielle Beschwerde von ZeniMax erhalten, die ihn aufforderte, die bewusste App aus dem Angebot zu nehmen. Gegen welchen Teil des Copyrights er genau verstößt, wurde aus dem Schreiben nicht deutlich.
Auch Markus "Notch" Persson, Mojangs Entwickler, der für den Indie-Hit Minecraft verantwortlich war, geriet mit ZeniMax in Konflikt. Als er ein neues Spiel namens Scrolls ankündigte, erhielt auch er ein Schreiben, dass ihm Urheberrechtsverletzungen vorwarf. ZeniMax befürchtete, der Titel könnte mit ihrer Marke The Elder Scrolls verwechselt werden.
Bei beiden Fällen ist fraglich, ob tatsächlich gegen Bethesdas Patente verstoßen wurde. Zumindest kann man ZeniMax in diesem Fall als übereifrig bezeichnen.
Mobbing-Opfer?
Fernab von Urheberrechtsverletzungen, Ideenklau und unfairen Nutzungsbedingungen gibt es in der Riege der aktuellen Klagen und Rechtsstreite auch einen Fall, der eher auf dem Schulhof zu erwarten wäre: Eine junge Frau aus dem Entwicklerteam zu Dragon's Dogma verklagt ihre ehemaligen Kollegen – wegen Mobbing!
2009 trat die Frau aus Osaka dem Team von Capcom bei, das an dem Spiel arbeitete. Erst schien alles gut zu laufen, aber dann fühlte sie sich zunehmend von ihren Kollegen schikaniert und erniedrigt. Besonders ihre neue Chefin soll ihr zugesetzt haben. Schließlich wurde es so schlimm, dass sie einen Suizid-Versuch durch Schlaftabletten und Anti-Depressiva begang. Als dieser fehlschlug, reichte sie eine Klage gegen Capcom ein.
Damit möchte ich zum Ende kommen. Ihr seht, dass sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen aus den verschiedensten, mehr oder weniger wichtigen Gründen und durch unterschiedliche Absichten motiviert oft und gerne Klagen und Beschwerden einreichen. Ich hoffe, ihr fandet diesen Artikel hilfreich. Kommentare und Diskussion erwünscht!