
Publisher: Square Enix
Entwickler: Eidos Montreal
Release: 28. Februar 2014
Altersfreigabe: USK 16
Uncut: Ja
Genre: Stealth-Action
Online-Multiplayer: Nein
Offline-Multiplayer: Nein
Sprache/Texte: Deutsch / deutsch (Anm. d. Red.: Getestet wurde die englische Version des Spiels)
Stereoskopisches 3D: Nein
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Thief ist zurück
Mit dem Reboot von Thief kehrt in diesem Jahr nach langer Zeit ein beliebtes Stealth-Franchise zurück. Im Spiel übernehmen wir die Kontrolle über Garrett, einen Meisterdieb in einer heruntergekommenen und verwahrlosten Stadt. Die Adligen haben die Kontrolle über den Stadtkern und leben auf Kosten der übrigen Einwohner der Stadt, die im Elend und im Unrat dahin vegetieren. Garrett interessiert sich in erster Linie für Garrett, auch wenn er bestrebt scheint, die Missstände in der Stadt zu beheben. Zumindest, wenn es sich mit einem vielversprechendem Beutezug vereinbaren lässt. Und am Besten noch auf dem Weg liegt.
Als Held ist Garrett recht schwach gezeichnet. Seine herausragendsten Eigenschaften bestehen darin, sich überall unbemerkt hineinschleichen zu können und böse zu gucken. Zudem ist er überaus stark und lässt sich beim geschmeidigen Schleichen und Klettern auch nicht davon stören, dass man während der Mission bereits haufenweise Silberbesteck eingesteckt hat, Trinkpokale, Schmuck und eigentlich alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Die First-Person-Ansicht überdeckt dabei geschickt, dass er den Gesetzen der Logik zufolge einen riesigen Sack auf der Schulter tragen und sein schwarzes Gewand nur noch durch rote Kleidung eintauschen müsste, um wie der Weihnachtsmann auszusehen.

Ich nehme mir, was Euch gehört … ho ho ho.
Frei wie ein Vogel … in einem Käfig
Als erfahrener Dieb ist Garrett wendig und geschickt, kann auch hartnäckige Hindernisse überwinden, weite Abgründe überspringen und Mauern erklimmen. Das alles geht natürlich nur, wenn der Entwickler es auch genau so geplant; wo kämen wir denn sonst noch hin?
Insgesamt sind unangenehm viele Aktionen – angefangen beim Springen – kontextsensitiv, lassen sich also nur dort durchführen, wo der Entwickler es vorgesehen und eingebaut hat. Dabei ergeben sich zwar häufig ganz nette Wege und Klettertouren, diese werden aber dadurch überschattet, dass man ständig das Gefühl hat, dem Plan eine Leveldesigners zu folgen. Selbiges gilt für viele der Werkzeuge, die uns zur Verfügung stehen. So lässt sich z.B. der Wasserpfeil nur einsetzen, wenn auch eine Kerze oder Fackel in der Nähe ist. Ok, was sollte man mit einem Wasserpfeil sonst auch groß machen; Wachen nass spritzen?

“I wish I could do that all the time ...“
“Nobody will notice if there's nobody to notice“
Traditionell sollte es die Aufgabe eines Meisterdiebes sein, sich beim Stehlen nicht erwischen zu lassen. Aber warum so ernst sein?
Tatsächlich besteht die Strafe für's erwischt werden lediglich darin, das grässlich eintönige Minispiel spielen zu müssen, dass vom Entwickler wohl als Kampfsystem vorgesehen war. Dieses besteht darin, möglichst oft auf den hauen-Button zu drücken. Wenn der Gegner besonders intelligent ist, schlägt er zwischendurch auch mal zu, in dem Fall muss man zwischendurch zum ausweichen-Knopf wechseln. Aber man ist ja flexibel.
Das lächerliche Kampfsystem macht die mit-dem-Kopf-durch-die-Wand-Taktik zur gangbaren Alternative. Dadurch ist man meist wenig motiviert, minutenlang im Schatten zu hocken, die Bewegungsabläufe der Wachen zu studieren und auf eine Lücke zu warten. Schade, denn gerade dies ist eine Stärke des Spiels – ein Level zu absolvieren, ohne entdeckt worden zu sein, ist schon auf normalem Schwierigkeitsgrad ein anspruchsvolles Ziel. Ein wenig nervig ist dabei allerdings die gute alte „Aus den Augen, aus dem Sinn“-Mentalität, die die Wachen an den Tag legen. Egal, was man anstellt und wer einen dabei beobachtet – schnell hinter die nächste Kiste kauern schafft Abhilfe. Sehr schade, nachdem Eidos kurz vor dem Release noch mit der hervorragenden KI
geprahlt hat.
Experten können sich mit dem variablen Schwierigkeitsgrad noch weiter fordern. Dieser begrenzt sich nicht auf die üblichen Abstufungen; stattdessen ist es auch möglich, einzelne Aspekte anzupassen und so eine individuelle Herausforderung zu schaffen. Wer sich ein bisschen in die Einstellungen vertieft, kann eine ganz eigene, an den persönlichen Spielstil angepasste Spielerfahrung schaffen.

“It was probably nothing.“
Sightseeing in der Stadt des Elends
Wenn man von den leidenden Bürgern, den sich ausbreitenden Krankheiten, dem Unrat, etc. einmal absieht, hat man Gelegenheit, die Schönheit der Stadt zu bewundern, die Garrett seine Heimat nennt. Bei der Gestaltung der verschlungenen Gassen, den Läden und Häusern und dem gesamten Ambiente erkennt man deutlich die Bemühungen des Entwicklers, eine glaubwürdige und - auf ihre Art – schöne Stadt zu schaffen. Das gelungene Design der Stadt paart sich mit einer für Next-Gen-Verhältnisse durchaus angemessenen Grafik. Hochauflösende Texturen und hübsche Licht- und Schatten-Effekte ergeben ein vorzeigbares Gesamtbild.
Die Charaktergestaltung ist auch ganz gelungen, wobei die Grafik hier deutlich schlechter mithält. Man kommt der Sache zwar schon irgendwie näher, aber wirklich menschenähnlich sehen die Figuren im Spiel dann doch nicht aus. Trotzdem haben die klugen Köpfe bei Eidos einige interessante Charaktere hervorgebracht, die der Story zumindest ein wenig Würze verleihen – von Garrett selbst einmal abgesehen.

It's hard, it's hard out here for a Thief ♫
Warum kann ich das nicht abschalten?
Es ist mal wieder Zeit für wütende Passagen in demonstrativen Versalien und wütend vorgebrachte Beschwerden beim Kundenservice. Die Sache ist die: Um dem Spieler zu kommunizieren, ob Garrett sich gerade im Schatten verborgen oder sichtbar im Licht befindet, verwendet das Spiel die Lightbar des Controllers. Sobald man ins Licht tritt, leuchtet er in einem hellen Weißton auf. Und jedes Mal heißt wirklich JEDES MAL. Ihr wollt einen Gang mit mehreren Fenstern durchqueren? Macht Euch auf eine Lightshow gefasst.
Wenn man wie ich bei Kerzenlicht zockt, leuchtet dabei jedes Mal das ganze Zimmer auf. Das ist unglaublich nervig und stört das Spielerlebnis erheblich. Eine Option, mit der sich die Funktion ausschalten lässt, gibt es natürlich auch nicht. Wir können nur hoffen, dass diese nachgereicht wird – sei es per Patch oder Firmware-Update der PS4.
Setzen, sechs, Eidos.
Das Fazit
Nachdem meine PS4 einige Monaten lang ausschließlich für Battlefield 4 (und einige Stunden für Call of Duty: Ghosts) genutzt wurde, habe ich mich auf etwas Abwechslung in Form von Thief gefreut. Pluspunkte sammelt das Spiel für ein nicht ganz alltägliches Spielprinzip und einige coole Ansätze, was das Gameplay angeht. Auch die Grafik kann mithalten. Leider verhindern zahlreiche Kleinigkeiten und Ärgernisse, dass ich das Spiel wirklich genießen kann. Angefangen bei den Limitationen hinsichtlich des Gameplays über das unpassende Kampfsystem bis hin zu der nervigen Lightbar des Controllers fallen zu viele Mängel negativ auf. Mit Vorsicht zu genießen.
Wertung
+ Heimlichkeit und Tarnung sind fordernd und unterhaltsam
+ Hübsches Stadtdesign
+ Interessante Charaktere
+ Individualisierbarer Schwierigkeitsgrad
- Schwach gezeichneter Protagonist
- Spielerische Limititationen senken die Vielfalt
- Lächerliches Kampfsystem sorgt für Ungleichgewicht zwischen Heimlichkeit und Kampf
- Störende Lightbar (lässt sich mittlerweile dank Firmware Update beheben)