Anmerkung der Redaktion: Dieser Beitrag ist Teil einer unregelmäßig veröffentlichten Kolumne und repräsentiert ausschließlich die Meinung des Autors.)
Die PS4 gibt es seit über einem Jahr, trotzdem erscheinen die meisten PS4-Spiele immer noch auch für die PS3. Für die Publisher ist das eine nur logische Entscheidung – die Mehrzahl der Playstation-Spielerschaft hat (noch) nicht zur neuen Konsole gewechselt. Allerdings schadet die plattformübergreifende Entwicklung dem fertigen Spiel – egal, auf welcher Konsole man es spielt. Wann können wir die PS3-Unterstützung aufgeben?
Wenn ein Spiel für zwei Systeme erscheinen soll, muss es auch für zwei Systeme entwickelt werden. Klar, das erfordert nicht so viel Zeit wie die Entwicklung von zwei unterschiedlichen Spielen – aber eben doch länger. Besonders bei unterschiedlichen Systemen gibt es bei der Entwicklung häufig eine Lead-Konsole, für die das Spiel entwickelt wird, auf das andere System wird das Spiel dann portiert. Das dauert und funktioniert meistens nicht allzu toll, Bugs und andere Probleme sind an der Tagesordnung. Auch wenn das nicht der Fall ist, kommt trotzdem das Zeitargument zum Tragen. Bei der Entwicklung eines PS4-Spieles auch eine Version für die PS3 zu liefern, ist vergleichbar mit einer Webseite, die auch in steinalten Versionen des Internet Explorers funktionieren soll. (Zugegeben, ein fairer Vergleich ist das nicht; IE < 9 zieht wohl eher mit dem Sega Saturn an einem Strang ...)
Das wäre kein Problem, wenn man unbegrenzt Zeit hätte, aber heutzutage kümmern sich die meisten Publisher ja mehr darum, dass neue Spiele vor den Produkten der Konkurrenz erscheinen – ob das Spiel zu diesem Zeitpunkt fertig ist, ist da erstmal zweitrangig. Kann man ja patchen oder so. Als Entwickler kommt man sich da sicher vor, als müsste man sieben rote Linien mit grüner Farbe malen. Battlefield 4 sei hier ein Beispiel, da war am Ende selbst den Investoren klar, dass EA Mist gebaut hat (erstaunliche Selbstironie, wenn man bedenkt, dass EA eine Aktiengesellschaft ist ...). Wer weiß, vielleicht wäre das Spiel zum Release ein wenig mehr … fertig gewesen, wenn DICE nicht gleichzeitig einen halbgaren PS3-Port des Spiels hätte entwickeln müssen. Das werden wir nun wohl nie erfahren. Alles, was uns bleibt, ist ein ohne Ende kaputtes PS4-Spiel und eine PS3-Version, die man sich bei maximal 24 Spielern auf einem Server auch hätte schenken können – damit ist niemandem gedient.
Technisch und grafisch aufwendige (oder auch nur halbwegs zeitgemäße) Spiele sind auf Last-Gen (d.h. PS3 & Xbox 360) Konsolen nicht einfach umzusetzen. Die technischen Möglichkeiten sind ausgeschöpft. Bereits 2013 meinte Ashraf Ismail, Leiter des Entwicklerteams hinter Assassin's Creed IV, dass die Entwicklung für die älteren Konsolen
deutlich schwerer war als für die neuen Konsolen mit mehr Kapazitäten. Und egal, wie viel Mühe man sich gibt und wie viel Zeit man sich lässt, auf der PS3 lassen sich die neuen, aufwendigen PS4-Spiele einfach nicht mehr realisieren. In den meisten Fällen resultiert der Versuch in endlosen Ladebildschirmen, ständigen Framerateeinbrüchen, Freezes und Controller-formigen Löchern in der Wand. Jetzt könnte man sagen: „Ok, dann kriegen die PS3-Spieler halt nur eine abgespeckte Version“ – aber so einfach ist es auch nicht. Denn die Cross-Plattform-Entwicklung bedeutet auch, dass die Entwickler Kompromisse eingehen müssen. Schließlich muss es überall funktionieren. Das in Kombination mit dem Zeitdruck mindert die Qualität von nicht nur dem PS3-Spiel, sondern auch der PS4-Version. Davon hat doch keiner etwas.
Wie also umgehen wir dieses Problem?
PS3 und PS4 voneinander trennen
Auch hier ein Beispiel aus dem Assassin's Creed Universum. Den neuesten AAA-Topseller der Reihe, Assassin's Creed Unity, gibt es nur für die PS4. Auch dies hat laut Entwickler
technische Gründe – das Spiel sei komplett auf die neuen Konsolen ausgelegt, eine Portierung auf ältere Modelle daher nicht möglich. Für den Publisher ist das natürlich ein Problem, besitzt doch der Großteil der potenziellen Käufer „nur“ eine PS3 (die Anführungszeichen sollen der Diskussion Rechnung tragen, ob die PS3 nicht die deutlich bessere Konsole ist; aber das nur am Rande). Somit würde der Verzicht auf die Unterstützung der guten alten PS3 vor allem eins bedeuten: ausbleibende Gewinne.
Die Lösung heißt in diesem Fall Assassin's Creed: Rogue. Während Unity nur auf Current-Gen Konsolen erschienen ist, gibt es Rogue nur für die Last-Gen. So haben alle was davon; der Publisher macht Umsatz, der Entwickler kann sich auf jeweils ein System konzentrieren und die Spieler dürfen spielen. Ok, das ist natürlich nur eine Milchmädchenrechnung, aber dabei sollte man im Hinterkopf behalten, dass es sich dabei nur um eine Übergangslösung handelt, bis die PS4 sich endgültig durchsetzt. Ob durch den YLOD oder langsamen Verfall – eines Tages stirbt die PS3. Eine neue Macht erhebt sich, und Ihr Sieg ist nah!
Das wäre auch eine super Gelegenheit für die Publisher, mal wieder etwas Kundenzufriedenheit und -vertrauen zu sammeln. Die meisten haben es dringend nötig.
Wann müssen Spiele nicht mehr für beide Generationen erscheinen?
Noch ist das Zeitalter der PS4 nicht gekommen, der PS3 bleiben sicher noch einige Jahre, bevor sie sich in den wohlverdienten Ruhestand begeben darf (und muss). Auf eine Weise oder die andere, es ist klar, dass PS3-Spiele noch lange entwickelt, verkauft und vor allem gespielt werden dürften. Auch bei der PS2 hat es nach Erscheinen des Nachfolgemodells noch rund acht Jahre gedauert, bis der Support für die in die Jahre gekommene Konsole eingestellt und mit FIFA 14 das
endgültig letzte große Spiel für diese herausgekommen ist.
Insofern: Auf ein paar gelungene letzte Jahre, meine liebe Playstation 3.
Und für die Playstation 4 zum Abschluss ein Zitat von Cat Stevens:
„It's not time to make a change,
Just relax, take it easy.
You're still young, that's your fault,
There's so much you have to know.“
Was meint Ihr: Besitzt Ihr schon eine PS4 oder bleibt Ihr lieber noch bei der PS3? Und wann wird es endgültig an der Zeit sein, die alte Kiste einzumotten?
Kontaktadresse: gin-san@kingx.de
tl;dr: dc.