(Anmerkung der Redaktion: Dieser Beitrag ist Teil einer unregelmäßig veröffentlichten Kolumne und repräsentiert ausschließlich die Meinung des Autors.))
Mikrotransaktionen sind bei vielen Spielern nicht gern gesehen. Erst 70 € für ein Spiel zu bezahlen, nur um dann festzustellen, dass man für alle Karten, Charaktere, Waffen, Modi u.Ä. noch draufzahlen muss, ist nicht sonderlich schön. Trotzdem bauen immer mehr Entwickler Mikrotransaktionen in ihre Spiele ein – es scheint also ausreichend Spieler zu geben, die durchaus bereit sind, 2.99 € für eine Waffentarnung mit Schinken-Muster zu zahlen. Während manche Spieler ein solches Modell grundsätzlich ablehnen, bin ich durchaus der Meinung, dass es „gute“ und „schlechte“ Mikrotransaktionen gibt ...
Als Mikrotransaktion bezeichnet man die Möglichkeit, in einem Spiel zusätzliche Inhalte für meist kleine Beträge zu erwerben. Dabei geht es nicht um große DLCs, sondern eher um sehr kleinteilige Ergänzungen, bei denen der Spieler sich nur das aussucht und bezahlt, was er tatsächlich haben möchte. Diese gibt es sowohl bei Vollpreisspielen als auch bei Free2Play-Titeln.
Besonders Letztere sind oft genau darauf ausgelegt, den Spieler zum Erwerb von digitalen Inhalten zu bewegen. Dieses Phänomen zeigt sich besonders bei mobile Games immer häufiger. Das Spiel lockt erst durch den kostenlosen Download, sobald der Spieler aber angebissen hat, werden Blockaden eingeführt, die das Spiel unspielbar machen – es sei denn, man bezahlt für die Vollversion. Oder tauscht echtes Geld gegen die digitale in-game Währung. Auch beliebt sind spielerische Vorteile, die man sich erkaufen kann. Als „kostenloser“ Spieler hat man dann keine Chance gegen die übermächtigen Waffen oder Fähigkeiten, die die Gegner für nur noch 4,99 € im Online-Shop erworben haben. Mit Mamas Kreditkarte natürlich.
Damit will ich nicht sagen, dass man so etwas grundsätzlich nicht kaufen sollte. Letztlich soll ein Spiel Spaß machen, und wenn der kostenpflichtige digitale Inhalt genau dafür sorgt, dass man sich mehr an dem Spiel erfreuen kann – warum nicht. Wenn man aber nicht bereit ist, Geld dafür auszugeben, muss man sich überlegen, ob sich das Spiel überhaupt noch lohnt. Was schade ist, wenn man es bereits gekauft hat …

Doch nun zur hellen Seite der M...ikrotransaktionen. Hierfür zwei Beispiele.
Call of Duty
„Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, muss der Prophet eben zum Berg gehen.“
Manchmal jedoch kommt der Berg auch ganz freiwillig und verkündet an völlig unpassender Stelle seine Meinung zum Thema Call of Duty und DLC-Packs, ganz ungeachtet der Tatsache, dass eigentlich niemand gefragt hat (und dass besagter Berg nicht einmal eine Konsole besitzt, auf der er besagtes Spiel spielen könnte). Daher sei nochmal unterstrichen, dass es hier
nicht um DLCs geht (der Tag mag kommen, da wir darüber sprechen müssen, doch dieser Tag ist noch fern). Mikrotransaktionen sind ein eigenes Phänomen.
Schauen wir uns also an, was es für Call of Duty: Advanced Warfare im PSN zu kaufen gibt: Waffentarnungen, Fadenkreuze, Embleme und dergleichen mehr. Was es nicht gibt, sind neue Waffen, exklusive Fähigkeiten, spezielle Exo-Suits oder irgendetwas, was dem Käufer gegenüber anderen Spielern einen Vorteil verschafft. Und das ist auch gut so; das Spiel an sich ist teuer genug und somit können sich alle Spieler selber überlegen, ob sie an einem Individualisierungspack für ihren Charakter Interesse haben. Wer im Multiplayer gerne mit einer speziellen Waffentarnung herumlaufen oder ein ganz spezielles Spieler-Emblem haben möchte, kann sich den zusätzlichen Inhalt kaufen, wer das nicht möchte, hat dadurch keinen Nachteil. Und das ist genau der springende Punkt, der oben schon angesprochen wurde: Die Spieler sollten nicht durch spielerische Nachteile zum Kauf bewegt werden, insbesondere dann nicht, wenn das Basisspiel schon Geld kostet. Wenn das nicht der Fall ist, schaden die Mikrotransaktionen niemandem. Klar kann man argumentieren, dass es so etwas aus Prinzip nicht geben sollte oder dass diese Inhalte im Hauptspiel enthalten sein sollten, aber von Idealismus hat niemand etwas, noch nicht mal die Idealisten. Und faktisch betrachtet schadet diese Art Mikrotransaktionen niemandem, also warum nicht?

Hearthstone – Heroes of Warcraft
Vor einigen Wochen habe ich angefangen, das Sammel-Kartenspiel (TCG) Hearthstone von Blizzard zu spielen. Es handelt sich um ein Free2Play Spiel mit Mikrotransaktionen. bei dieser Kombination klingeln bei vielen die Alarmanlagen, aber in dem Falle hat Blizzard gute Balance-Arbeit geleistet.
Ein wenig Hintergrund: In Hearthstone könnt Ihr durch das Erfüllen von Quests Gold erhalten. Pro Tag gibt es eine Quest, die 40, 60 oder 100 Gold einbringen. Je nach Gewinn/Verlust-Rate dauern diese Quests meist nicht länger als eine halbe Stunde. Durch das Matchmaking-System, das Euch gegen etwa gleich gute Spieler antreten lässt, könnt Ihr aber auch als absoluter Anfänger einen guten Anteil Eurer Spiele gewinnen. Bis zu drei Quests können gleichzeitig aktiv sein, also kann man auch mal einige Tage nicht spielen, ohne direkt Gold einzubüßen.
Das Gold kann für drei verschiedene Dinge verwendet werden: Karten-Packs, Eintritt in die Arena oder das Singleplayer-Abenteuer Curse of Naxxramas, das beim Abschluss coole neue Karten bereithält. Es gibt zwei verschiedene Kartenpacks, den Standard-Satz und die Erweiterung Goblins & Gnomes. Jedes Pack kostet 100 Gold und enthält fünf Karten, davon mindestens eine seltene. Die Arena ist ein Draft-Modus, in dem man aus einem zufällsbasiertem Kartenpool ein Deck erstellt und gegen andere Spieler antritt. Je mehr Spiele man gewinnt, desto mehr Preise gibt es. Ein Arena-Lauf kostet 150 Gold.
All diese Dinge lassen sich auch mit Geld erwerben. Dabei gibt es jedoch einige entscheidende Faktoren, die das Spiel auch für Spieler interessant machen, die nichts bezahlen möchten. Einerseits kann man mit Geld nichts kaufen, was nicht auch für Gold erhältlich ist. Somit hat man nie das Gefühl, dass bestimmte Dinge den zahlenden Spielern vorenthalten sind. Auch mit Geld lassen sich Karten nicht direkt kaufen, sondern nur Karten-Packs. Egal ob mit Gold oder Geld, beim Karten-Kauf muss man sich auf sein Glück verlassen. Somit kann man auch mit Mamas Kreditkarte nicht schnell mal alle legendären Monster abräumen. Und selbst wenn man es könnte, ist das Spiel balanciert genug, dass überlegende Karte nicht gleich den Sieg bedeuten. Ohne vernünftige Planung und vorausdenkendes Spiel sind auch die besten Karten zu nichts nütze. Somit sind zahlende Spieler nicht gleich völlig überlegen. Und schließlich sind Geld-Käufe im Vergleich zum Gold relativ teuer. Der Eintritt in die Arena kostet beispielsweise 1,79 € oder 150 Gold – ein Betrag, der sich mit etwas Geschick in unter einer Stunde verdienen lässt (und ja, 1,79 € wäre kein toller Stundenlohn. Aber wir reden hier immer noch vom Spielen, nicht von Arbeit. Manche verwechseln das ja).
Was meint Ihr: Gibt es „gute“ und „schlechte“ Mikrotransaktionen? Welche Spiele kennt Ihr, in denen die Mikrotransaktionen besonders gut gelungen sind und warum?
Kontaktadresse: gin-san@kingx.de
tl;dr: dc.