(Anmerkung der Redaktion: Dieser Beitrag ist Teil einer unregelmäßig veröffentlichten Kolumne und repräsentiert ausschließlich die Meinung des Autors.)
Ist die dunkle Seite stärker?
Nein, nein ... Schneller. Leichter, verführerischer.
Während Konsolen-Spiele traditionell ohne Mods auskommen müssen, sind die spielergemachten Erweiterungen bei PC-Spielen schon lange ein Grundpfeiler der Gamer-Community. Neben Nexusmods und ähnlichen Plattformen können Mods für viele Spiele in Form der Steam-Workshops ganz offiziell und effizient unter die Spieler gebracht werden. Angesichts der jüngst von Steam angekündigten Möglichkeit, über diese Plattform nun auch kostenpflichtige Mods anzubieten, fürchten viele Spieler um die freie und kreative Hobby-Modding-Szene. Doch besteht wirklich Anlass zur Sorge? Und – wenn wir schon einmal dabei sind – wie schlimm ist es eigentlich, dass Konsolen keine Mods unterstützen?
Ein Aufschrei ging gestern durch reddit, die Steam-Foren, und – natürlich –
Kotaku. Die große und unheilvolle Nachricht: Der Steam-Workshop unterstützt nun auch den kommerziellen Vertrieb von Mods, sprich die Modder können nun Geld für ihre Kreationen verlangen. Bevor wir uns den Befürchtungen widmen, die diese Ankündigung nach sich gezogen hat, klären wir doch kurz die Fakten (ein, obgleich häufig unterschätzter, doch notwendiger Schritt vor der Evaluation):
- Es bleibt dem Modder überlassen, ob er seinen Mod kostenlos oder -pflichtig anbieten möchte. Der Preis kann ebenso individuell festgelegt werden, auch steht ein Pay-What-You-Want-Modell zur Verfügung.
- Der Vertrieb von kostenpflichtigen Mods über den Steam-Workshop ist nur möglich, wenn der Publisher des Basisspiels dies ratifiziert hat. Zum Launch des neuen Service ist dies nur bei TES V: Skyrim der Fall.
- Der Publisher hat ebenfalls Mitspracherecht bei der Aufteilung der Einnahmen zwischen Modder, Publisher und Steam. Im Falle von Skyrim erhält der Mod-Entwickler 25 % der Einnahmen an seinen Mods, die Aufteilung der verbleibenden 75 % zwischen Steam und Bethesda ist nicht bekannt.
Für alle, die bereits all ihr Geld unter der Matraze hervorgeholt haben und sich zur Flucht in den Westen aufmachen wollen, keine Sorge: Noch ist Polen nicht offen und auch die Rote (Dunkelblaue?) Armee steht auch noch nicht vor der Tür. Das neue System steckt noch in den Kinderschuhen. Und vielleicht sollten wir erst mal darüber nachdenken, welche Vorteile es für uns als Spieler (und, auch wenn das für manche ein abwegiger Gedanke sein mag: für die Modder selbst) haben könnte, bevor wir auf die Barrikaden gehen und mit Steinen schmeißen.
To Kill a Gaben
I've been looking for freedom
Das ist doch
Capitalism in a Nutshell, oder? Bethesda kann sich gesundstoßen an den Kreationen der Hobby-Modder, ohne auch nur einen Finger rühren zu müssen. Eine Unverschämtheit, nicht wahr? Aber die Abschaffung der Planwirtschaft feuert in beide Richtungen: Steam und Bethesda können sich viele Geschäftsmodelle ausdenken, wenn der Tag lang ist – aber ob wir uns als Spieler darauf einlassen, obliegt unserer Verantwortung. Und dank der unsichtbaren Hand haben wir auch mehr als genug Alternativen; nicht nur einen abgewrackten 60er-Jahre-Lada.
Doch genug der DDR-Vergleiche. Um es auf einen Punkt zu bringen; Modder können ihre Mods nach wie vor kostenlos anbieten. Und wenn sie das nicht tun, können wir uns immer noch entscheiden, sie nicht zu kaufen. Klar, es wird immer viele Gamer geben, die bereit sind, ein Minimum von 1,79 € für
Arissa – Die Wanderhure The Wandering Rogue auszugeben, wenn Falskaar nach wie vor kostenlos ist. Aber hey, solange sie damit glücklich sind, warum nicht?
Die nächste Befürchtung besteht darin, dass es durch das neue System bald nur noch kostenpflichtige Mods geben wird und die freie und Hobby-motivierte Modder-Community der Vergangenheit angehört. Doch auch hier gilt: Die Modder haben nach wie vor die freie Wahl. Und wenn diese von Gegnern des neuen Systems postulierte Community tatsächlich existiert und nicht nur von schlechtem Gewissen und Gruppenzwang zusammengehalten wurde, sollte kein Zweifel daran bestehen, dass es nach wie vor viele kostenlose Mods geben wird, an denen sich jeder erfreuen kann – ungeachtet der Größe des Geldbeutels. Davon abgesehen werden viele, wenn nicht die meisten Mod-Liebhaber darin übereinstimmen, dass Mods den vom Entwickler veröffentlichten DLCs hinsichtlich Qualität, Quantität und Kreativität mitunter weit voraus sind. Wenn das der Fall ist, was ist dann so schlimm daran, wenn man für diese Mods auch ein paar Euro bezahlen muss? Wenn die Hobby-Entwickler etwas zurückbekommen für die investierte Zeit und Mühe, werden sie vielleicht sogar umso motivierten sein, sich bald an ihren nächsten überragenden Mod zu machen ...
Ganz abgesehen davon sind die Spieler übrigens an dem neuen System mit hoher Wahrscheinlichkeit selber schuld (wenn man es denn so nennen möchte). Seid Ihr es nicht, die seit Jahren Unsummen ausgeben für irgendwelche Waffentarnungen und lustige Hüte?
200 €. Zwei. Hundert. Euro. Are you not entertained?
Mods und die Staatliche Plankommission
Wenn einer von ihnen entfesselt und genötigt würde, plötzlich aufzustehen, den Hals umzuwenden, nach dem Lichte emporzublicken ... Und wenn man ihn nun zwänge, sein Licht auf das Licht selbst zu richten, so würden ihn doch seine Augen schmerzen […] Wenn ein solcher wieder hinabstiege in die Höhle und dort wieder seinen alten Platz einnähme, würden dann seine Augen nicht förmlich eingetaucht werden in Finsternis. Und wenn er nun wieder wetteifern müsste in der Deutung jener Schattenbilder, würde er sich da nicht lächerlich machen und würde es nicht von ihm heißen, sein Aufstieg nach oben sei schuld daran und schon der bloße Versuch, nach oben zu gelangen, sei verwerflich?
Wie wahr, Plato, wie wahr. Und sind nicht wir es, die Konsolen-Spieler, die in der Höhle hocken, niedrigaufgelöste Texturen und wenig-polygonale Bilder betrachtend, nicht wissend, dass am PC eine Welt voller Licht, realistischem Wasser und anderen Freuden wartet? Und wenn einer von uns zum PC wechselte, würden ihm von den 4k-Texturen nicht die Augen schmerzen? Und würde er später zurückkehren, um anderen Konsolenspielern von der neuen Welt zu berichten, würden sie ihn nicht ausstoßen und einen Wahnsinnigen schimpfen?
Es stellt sich also die Frage, warum es überhaupt noch Leute gibt, die lieber auf der Konsole spielen – und dabei auf Mods verzichten. Dafür gibt es eine Reihe an Gründen, die darauf hinauslaufen, dass Konsolen vergleichsweise günstige, dedizierte Gaming-Computer sind, die auch nur zum Gaming gedacht sind. Hinsichtlich Mods ist das geschlossene Betriebssystem, das zugegeben auch mitunter monopolistisch missbraucht wird, um dem Käufer die eigenen Dienste anzudrehen (*Hust* Sony Music *Hust*), neben Hardware-technischen Limitationen das geringere Problem. Klar kann man jetzt argumentieren, dass manche Mods trotzdem laufen würden – viele aktuelle Spiele schöpfen die Kapazitäten der PS4 sicher nicht bis zum letzten Tropfen aus. Allerdings würde die Öffnung der Konsolen für Mods auch dazu führen, dass ein gewaltiger Vorteil derselben verloren geht: Die Simplizität. Sobald verschiedene, Nutzer-generierte Add-Ons ins Spiel kommen, sind Fehler und technische Probleme an der Tagesordnung. Wer schon einmal versucht hat, Skyrim oder ein ähnliches Spiel mit vielen verschiedenen Mods zu spielen, hat dies am eigenen Leib erlebt. Klar, das lässt sich alles beheben, und verschiedene Tools (namentlich: Nexus Modmanager, BOSS und der Steam Workshop) nehmen einem dabei einen guten Teil der Arbeit ab. Aber trotz allem würde auf diesem Wege aus der Konsole ein eher mittelmäßiger Gaming-Computer, dessen Anschaffung sich kaum noch lohnt.
Und das Fazit? Niemand kann zum aktuellen Zeitpunkt sagen, wo diese neue Entwicklung enden wird. Es gibt zwar – wie zu erwarten war – bereits viel Kritik und Spott (denn wie könnte etwas Neues nicht verderblich und gemeingefährlich sein?), aber unter den neu zur Prüfung vorgelegten, kostenpflichtigen Mods finden sich auch einige ernstgemeinte, spannende Inhalte zu kleinen Preisen. Das klingt doch gar nicht so schrecklich ...
Was meint Ihr: Bezahlte Mods - per Definition grundsätzlich Teufelszeug, oder vielleicht doch eine gute Idee?
Kontaktadresse: gin-san@kingx.de
tl;dr: d.c.