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Gin-Chan
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xGames  Gins Ecke: Sind Genres obsolet?

(Anmerkung der Redaktion: Dieser Beitrag ist Teil einer unregelmäßig veröffentlichten Kolumne und repräsentiert ausschließlich die Meinung des Autors.)


Platformer, Shooter, Adventure, … Die Liste der Genres ist lang. Doch was ist mit Spielen, die nicht in ein Genre passen? Was ist zum Beispiel Catherine? Ein Horror-RPG-Puzzlespiel? Oder Life is Strange? Ein Slice-of-Life-Rollenspiel-Rätsel-Spiel? Die Genre-Einteilung gerät schnell an ihre Grenzen, wenn man die Eigenarten eines jeden Spieles betrachtet. Wie können aus der verklausulierten und komplizierten Genre-Landschaft wieder sinnvolle Kategorien gebildet werden? Oder ist die klassische Vorstellung der Einteilbarkeit von Spielen in Genres insgesamt veraltet?

Zum Suchbegriff „Spielegenre“ bietet Google cira 32.700 Ergebnisse. Das erste ist eine Wikipedia-Seite, die eine lange Liste mit Genres enthält. Darin eine grobe Einteilung in Action, Abenteuer, Strategie, Simulation und Sonstiges; jede dieser Kategorien beinhaltet Unterpunkte, zu denen es jeweils Ausnahmen und Unterpunkte gibt und so weiter. Wenig hilfreich insgesamt.
Die Einteilung der USK ist da schon übersichtlicher. 18 verschiedene Genres gibt es laut dieser, aber auch hier finden sich schnell Mängel. Was ist zum Beispiel mit dem Genre „Shooter“, das irgendwie alles oder nichts bedeuten kann (vielleicht sollten wir die übergeordnete Problematik dementsprechend als Genre-Dialektik bezeichnen ...)? Und was für Genre sollen bitte „Spielesammlung“, „Bonusmaterial“ und „Coverdisc“ sein? Die USK ist hier also auch nicht sonderlich hilfreich (was, aus Erfahrung sprechend, zu erwarten war).
Ein weiterer Versuch, wie steht es mit der erziehungswissenschaftlichen Perspektive? Die JIM-Studie 2009 unterscheidet zwischen folgenden Genres: Strategiespiele; Shooter/Action; Rennspiele; Fußball; Denk-, Gesellschaft- und Kartenspiele; Online-Rollenspiele; Rollenspiele; Adventures; Karaoke-Spiele; Fun-Sport-Games (die Folgestudien unterscheiden interessanterweise meist nur noch zwischen „besonders gewalthaltig“ und „normal“ o.Ä.). Diese Einteilung wimmelt nur so von Redundanzen und vieles wird zusammengefasst, was nicht zusammengehört.

Klar, jetzt kann man behaupten, dass diese Einteilungen viel zu weltfremd oder einfach nicht sonderlich gut sind, und sich selbst an einer definitiven Einteilung versuchen, kein Problem! Oder?



Quelle: xkcd



Kann das denn so schwierig sein?

Eine grobe Genre-Einteilung ist eine schlechte Einteilung, da sie viele Phänomene zusammenfasst, die nicht zusammengehören. Je genauer jedoch die Einteilung, desto mehr Überschneidungen gibt es und es viele Spiele passen plötzlich in verschiedene Kategorien. Und wenn man versucht, jede mögliche Kombination von Gameplay-Elementen als eigenes Genre zu proklamieren, kommt man schnell an dem Punkt, an dem jedes Spiel sein eigenes Genre ist – wodurch die Einteilung an sich redundant wird.

Warum ist die Zuschreibung eines Spiels zu einem Genre so viel schwieriger als bei Filmen oder Büchern? Die Ursache hierfür ist in der Natur des Mediums zu suchen: Interaktivität statt linearer Narration. Somit müssten Spiele-Genre eigentlich in zwei Parameter aufgeteilt werden: Die Art der Spieler-Interaktion, also das Gameplay, und die Narration bzw. die Klassifizierung der diegetischen Welt. Beispielsweise ist das Genre „Platformer“ nur eine Beschreibung einer bestimmten Art von Gameplay, die noch keine Aussage über die vom Spiel erzählte Story trifft. Ein Platformer kann somit ein Heldenepos sein, den Abenteuern eines italienischen Klempners folgen oder die Geschichte eines Fleischbällchens erzählen.

Doch damit sind wir noch nicht am Ende. Was ist zum Beispiel mit abstrakten Spielen, die überhaupt keine Story beinhalten? Oder Indie-Games, die ein völlig neuartiges Spielkonzept präsentieren, das sich in keine der bis dato bekannten Kategorien einordnen lässt? Und müssten nicht auch der Umfang, der Grafikstil u.Ä. in die Genre-Einteilung einbezogen werden? Spätestens, wenn man dann jedes Spiel in einer mindestens vierdimensionalen Matrix verordnen muss, wünscht man sich doch die gute alte Genre-Liste zurück.



Die kopernikanische Wende der Videospiele

Wozu brauchen wir eigentlich Genre? Damit wir auf Wikipedia auf einen Blick sehen können, um was für ein Spiel es sich handelt? Dies ist schon lange nicht mehr möglich, dafür sind die aktuellen Spiele bei Weitem zu facettenreich. Vielleicht ist das auch gut so. Wenn wir von dem Wunsch ablassen, jede Neuerscheinung in eine von x vordefinierten Schubladen schieben zu können, eröffnet sich uns möglicherweise wieder eine Perspektive, von der aus jedes Spiel etwas Besonderes und Einzigartiges ist. Immerhin sind wir schon zu großen Teilen dazu übergegangen, Spiele als Kunstwerke zu betrachten – und wer würde sich schon anmaßen, Kunst in Genre einteilen zu können?

Die andere Möglichkeit ist die Aufgabe unserer Vorstellung vom „Videospiel“ als homogenes Phänomen, das in all seinen Facetten auf einer Din A4 Seite zusammengefasst werden kann. Beyond: Two Souls, Call of Duty und Hearthstone sind einfach völlig unterschiedlich – warum also sollten wir sie mit einem Begriff zusammenfassen können?


Was meint Ihr: Sind die Genre, wie wir sie kennen, obsolet? Oder brauchen wir einfach nur feinere Einteilungen, um den vielen neuen Spielkonzepten gerecht zu werden?



Kontaktadresse: gin-san@kingx.de

tl;dr: d.c.

Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 30.04.2015 22:38 von alexking.

30.04.2015 22:12
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