(Anmerkung der Redaktion: Dieser Beitrag ist Teil einer unregelmäßig veröffentlichten Kolumne und repräsentiert ausschließlich die Meinung des Autors.)
Seit es in der 80ern die ersten Gamer aus dem Keller und gemeinsam aufs Sofa geschafft haben, ist viel passiert: Online-Games, Let's Plays auf Youtube, Streaming per Twitch und mehr. Egal, welches Genre und welche Plattform, überall geht der Trend zum vernetzen Gaming – Multiplayer-Games, always-on-Konsolen, kollaborative Plattformen und mehr. Was ist der nächste Schritt?
Während auch Einzelspieler-Spiele sich weiterhin großer Beliebtheit erfreuen, erfährt der Multiplayer-Modus immer größere Relevanz. Viele neue Spiele laufen gar nicht mehr ohne das Internet – weil jede Aktion erst vom Server bestätigt werden muss. Doch der Schritt vom Einzelspieler- zum Mehrspieler-Modus ist noch lange nicht alles; überall nimmt diese Entwicklung Fahrt auf. Während die Spielerzahlen bei FPS und Arena-Games von 6 auf 12 auf 32 auf 64 und mehr Spieler gleichzeitig angestiegen sind, tummeln sich auf den Servern so mancher MMORPGs Tausende, wenn nicht Millionen Spieler gleichzeitig. Doch die Spieler-Gemeinden gehen über die Spiele selbst hinaus: In Foren, über Videoplattformen und auf ganz anderen Kanälen diskutieren, koordinieren und kollaborieren Gamer miteinander. Noch bevor ein Spiel überhaupt erschienen ist, gibt es meistens schon ausführliche Komplett-Guides; wenn man irgendwo nicht weiterkommt, steht eine ganze Armada bereitwilliger Gamer zur Verfügung, die einem nur zu gern den Trick zum Besiegen des Endbosses verraten. Und dann sind da natürlich die Let's Player und Streamer, die mehr oder weniger unabhängig von den Spielen an sich zum Teil riesige Fangemeinden um sich versammelt haben. In meiner heutigen Kolumne widme ich mich dem Phänomen des kollaborativen Gamings – und was als nächstes kommen könnte.
Von Youtube zu Twitch
Im Jahr 2006 eröffnete Erik Range einen Youtube-Kanal, auf dem er seitdem kommentierte Gameplay-Videos hochlädt. Knapp vier Millionen Abonnenten hat Range mittlerweile gesammelt – unter dem wohlbekannten Pseudonym Gronkh. Auf internationaler Ebene weitaus bekannter ist PewDiePie, der schwedische Let's Player, der sich 2013 an die Spitze der meistabonnierten Youtube-Kanäle überhaupt gesetzt hat.
Währenddessen wächst auch eine andere Sparte des moderierten Gamings mit rasanter Geschwindigkeit: Das Live-Streaming. Streamer wie Trump oder Kripparian erreichen innerhalb weniger Minuten nach Start einer Streaming-Session Zuschauerzahlen im sechsstelligen Bereich. Besonders in diesem Bereich bilden sich um einzelne Spiele und viele Streamer eigene Communitys mit ganz eigenen Kommunikations- und Kollaborationsgepflogenheiten (\kappa/). Diese Entwicklung zeigt sich wohl besonders gut an dem Phänomen Twitch Plays Pokemon. Anfang 2014 gelang es einem australischen Programmierer, den Twitch-Chat mit einem Emulator zu verbinden, sodass die Zuschauer Befehle an das Spiel in den Chat schreiben konnten. Nach wenigen Tagen hatte sich das Experiment wie ein Lauffeuer im Internet herumgesprochen, die Zuschauerzahlen explodierten. Das Ergebnis: Chaos. Nach einigen Fehlversuchen, Änderungen und Umwegen ist es der Zuschauer-Masse aber tatsächlich gelungen, Pokémon Red erfolgreich abzuschließen. Ein Beweis dafür, dass die Crowd-Intelligenz nicht nur Theorie ist – sie funktioniert.
Und nun?
Der Trend zeigt also deutlich in Richtung Vernetzung, Kollaboration, Online. Und immer mehr. Wie sich am Steam Monster Game zeigt, das Steam während des vergangenen Summer Sales angeboten hat, können diese Communitys innerhalb von kürzester Zeit die kritische Masse erreichen und überschreiten. Obgleich der Nährboden nur ein wenig originelles Browser-Game war, haben sich in kaum 24 Stunden zahlreiche Spieler zusammengefunden und begonnen, das Spiel auseinander zu nehmen. Schon vor Beginn des zweiten Tages war die erste Version des Browser-Plugins fertig, das die Spielabläufe automatisierte, um möglichst viele Level zu schlagen. Wenige Tage später war die Strategie ausgereift, das Plugin erledigte alles für den Spieler, und tatsächlich ist es der Community gelungen, das hundert-millionste Level zu erreichen und das Spiel zu gewinnen. Ein Ziel, das zu Anfang noch unerreichbar schien. Diese Bewegung hat ungeheures Potenzial.
Und wie sieht es mit den anderen Tendenzen aus – insbesondere Twitch, Live-Streaming und Let's Plays? Wie
Twitch Plays Pokemon zeigt, ist durchaus ein großes Interesse vorhanden, nicht nur zuzuschauen, sondern mitzumachen, mitzuspielen, im größten Online-Spiel aller Zeiten. Ein interessantes Beispiel hierfür ist
Upsilon Circuit. Im Kern ein normales RPG, hat das Spiel eine große Besonderheit – es kann immer nur von acht Spielern gleichzeitig gespielt werden. Wenn einer dieser Spieler stirbt, erhält er keine zweite Chance, denn er muss Platz machen für den nächsten Kandidaten. Der Rest der Spielerschaft hat einen anderen Job: Den acht mutigen Auserwählten zuzuschauen, und ihre Geschicke über ein eigenes Interface zu steuern. Somit ist Upsilon Circuit das erste Spiel, das das Streaming und die aktive Beteiligung der Zuschauer schon auf Software-Ebene integriert hat. Weitere dieser Art mögen folgen – zumindest wollen wir es hoffen.
Was meint Ihr: Wohin geht die Reise der Online-Games und des Streamings? Upsilon Circuit – interessantes Konzept oder Nischenprodukt?
Anmerkung in eigener Sache: Mit diesem Beitrag beende ich meine Kolumne „Gin's Ecke“, und verabschiede mich von KINGx. Nach drei Jahren als aktiver Redakteur muss ich mich mehr meinem Studium und anderen Projekten widmen. Meine begonnen Reihen (die Call of Duty DLCs und die Tests zu Life is Strange) werde ich noch zu Ende führen, sowie noch ein bis zwei weitere Tests schreiben. Abgesehen davon verabschiede ich mich als Chefredakteur, bedanke mich bei allen, die seit Mai 2012 meine News und Tests gelesen haben. Ich habe in dieser Zeit viel gelernt und es hat mir ausgesprochen viel Spaß gemacht!
Kontaktadresse: gin-san@kingx.de
tl;dr: d.c.