(Anmerkung der Redaktion: Dieser Beitrag ist Teil einer unregelmäßig veröffentlichten Kolumne und repräsentiert ausschließlich die Meinung des Autors.)
Call of Duty ist immer der selbe Scheiß. Einmal im Jahr kommt ein quasi-DLC für 70 Euro heraus, der außer ein paar neuen Maps und minimalen Änderungen an der selben alten '90er Engine nichts Neues zu bieten hat. Und überhaupt wird dieser Ballermist ohne taktische oder spielerische Höhe doch eh nur von kleinen Kindern gespielt.
… oder? Lassen wir die Vorurteile einmal beiseite und schauen uns an, was das neue Advanced Warfare an Neuerungen zu bieten hat und wie sich diese positiv auf das Franchise auswirken könnten.
Schnelle Action
Es lässt sich nicht leugnen, dass Call of Duty mehr wildes Tastenhämmern als kluges Vorgehen erfordert. Wer lieber im Team spielt und taktisch vorgeht, ist seit Langem mit den Battlefield-Spielen besser beraten. Viele Spieler verurteilen CoD allein schon deswegen, obwohl dieser Vorwurf eigentlich nicht gerechtfertigt ist, denn das Franchise war noch nie auf Taktik und Strategie ausgelegt. Stattdessen sollten wir es als das anerkennen, was es ist: Ein reines Action-Spiel. Keine herausragende spielerische Tiefe, aber ein cooler Spaß „für zwischendurch“. Den man übrigens nicht allzu ernst nehmen sollte, aber das nur am Rande.
Genau an dieser Stelle kommt die erste große Neuerung des Spiels ins … na ja, ins Spiel: Die Exo-Suits. Diese kein bisschen von Matrix und Iron Man geklauten Apparaturen ermöglichen eine deutlich schnellere Fortbewegung als in den Vorgängern. Das unterstreicht den Action-Charakter und macht die Runden hektischer und Adrenalin-treibender (ist das überhaupt ein Wort?). Nebenbei wird auch das verhasste Campen erschwert; wer mit Düsenantrieb unterwegs ist, bietet ein schwierigeres Ziel, wenn man sich nicht aus der eigenen Ecke heraus traut.
Vertikales Gameplay
Die Exo-Suits bieten noch einen weiteren Vorteil, nämlich die verstärkte Sprungkraft, mit der man schnell auf höhergelegene Positionen gelangt. Dies schafft neue Formen des vertikalen Gameplays und bessert dadurch eine der wesentlichen Schwachstellen von Call of Duty aus. Denn bisher fühlte sich der Höhenunterschied auf den meisten Karten unausgeglichen und gekünstelt an; das Spiel war einfach nicht dafür gemacht. In einem Feuergefecht hatte der Spieler auf der höhergelegenen Position in den meisten Fällen einen klaren Vorteil. Das führte dazu, dass die Maps sehr offen angelegt werden mussten, um diesen Vorteil auszugleichen. Jede Position war von überall aus erreichbar und man konnte sich nie sicher sein, dass man nicht im nächsten Moment von hinten oder von der Seite angegriffen wird.
Leider sind die Mehrspieler-Karten in Advanced Warfare größtenteils immer noch so angelegt, aber mit den Exo-Suits haben sich schon einige Änderung in der Höhe von erreichbaren Konstrukten ergeben. Auch kommt man schneller von oben nach unten und vice versa – das sorgt für mehr Fairness.
Abwechslungsreichtum
Insgesamt bietet Call of Duty wenig Abwechslung. Battlefield ist hier weit voraus: Die vier Klassen spielen sich sehr unterschiedlich, ganz zu schweigen von den Unterschieden zwischen Infanterie, Fahrzeugen, Hubschraubern und Jets. Bei CoD gibt es diese Unterschiede nicht, und auch die Waffen fühlen sich größtenteils alle gleich an. Zu PS3-Zeiten war dies noch entschuldbar – der begrenzte RAM war für die Anzahl der verfügbaren Waffen ein limitierender Faktor. Aber spätestens mit der neuen Generation hätte ich mir gewünscht, dass man zwischen Sturmgewehr, Sniper und Shotgut einen Unterschied im Gameplay wahrnimmt. In dieser Hinsicht wurde ich bisher schwer enttäuscht.
Wieder sind die Exo-Suits ein ganz guter Ansatz; über die Exo-Abilities wird ein wenig Diversität in das Spiel gebracht. Leider funktioniert das aktuelle Modell noch gar nicht: Zur Zeit sind die Fähigkeiten nur für wenige Sekunden pro Leben einsetzbar und nutzen insgesamt wenig. Zugegeben, wenn sie länger verfügbar und nützlicher wären, würden sie schnell alles andere überlagern und kaum noch Spaß machen. Eine perfekte Lösung gibt es zur Zeit noch nicht – lasst Euch was einfallen, liebe Entwickler!
Was ist weiterhin schlecht?
Bevor ich noch als Fanboy hingestellt werde, muss ich doch noch ein wenig lästern. Natürlich gibt es in dieser Hinsicht jede Menge zu sagen (xoxo), aber ich möchte mich hier auf zwei Punkte beschränken, bei denen es seit Modern Warfare 2 (spätestens MW3) stetig bergab gegangen ist.
Einerseits ist das Spawn-System mittlerweile völlig aus dem Ruder gelaufen. Die Seitenwechsel geschehen nicht mehr im Minuten-, sondern im Sekundentakt. Ständig macht man sich vermeintlich in Richtung Gegner auf den Weg, nur um sofort wieder von hinten abgeballert zu werden. Ein wilder Ringelreihen, von dem niemand etwas hat und der auf kurze, mittlere und lange Sicht tierisch frustriert. Besonders nervig sind die Vergeltungs-Spawns, bei denen erledige Gegner direkt hinter demjenigen wieder einsteigen, der sie erwischt hat. FML.
Das zweite wäre der Netcode bzw. die „Lag Compensation“, die dafür sorgt, dass Spieler mit guter und schlechter Verbindung gleichermaßen unter selbiger zu leiden haben. DER KANN MICH NICHT TREFFEN, ICH WAR SCHON HINTER DER MAUER. Was ist daran so schwer?
Was meint Ihr: Ist Call of Duty doch noch zu retten? Welche Chancen und Probleme des Franchises sind Euch bei Advanced Warfare (oder älteren Ablegern) am meisten aufgefallen?
Kontaktadresse: gin-san@kingx.de
tl;dr: dc.